"Die Zukunft hat sich viel Zeit gelassen" - Blick nach vorne am Einsturzort
Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Thomas Luczak (Bürgerinitiativen) zuversichtlich über Gespräche
Foto: Günter Otten/ArchivKomplex
Zu einer eher ruhigen Gedenkstunde kamen am 13. Jahrestag des Einsturzes mehrere dutzend Menschen an den Ort der Katastrophe. Oberbürgermeisterin Henriette Reker gedachte der drei Toten und versprach, die Entwicklung des Ortes jetzt voranzutreiben. „Die Zukunft hat sich viel Zeit gelassen“, sagt Reker vor Anwohnern, den städtischen Beigeordneten Stefan Charles (Kultur) und Ascan Egerer (Verkehr) sowie Mitgliedern der Initiativen „ArchivKomplex“ und „Köln kann auch anders“. Mitte März komme Charles mit den Bürgerinitiativen zu einem ersten inhaltlichen Diskussion zusammen, um die Neuentwicklung der Unglücksstelle und den bereits vom Stadtrat beschlossenen unterirdischen Kulturraum „K3“, der in dem Gleiswechselbauwerk entstehen soll, weiter voranzubringen, kündigte die OB an.
Sie wies auch auf die Internet-Plattform „Perspektive Waidmarkt“ hin (waidmarkt.koeln), in der die Aufgaben für Stadtbahnausbau und Städtebau skizziert werden: „Damit hier wieder ein attraktiver Ort, ein lebendiger urbaner Treffpunkt in einem aufstrebenden Quartier entsteht“, wie Reker betonte. Zur Perspektive Waidmarkt zähle insbesondere das Gedenken, das hier am Waidmarkt einen prominenten Platz brauche. An „Köln kann auch anders“ und ArchivKomplex gerichtet: „Ich danke allen, die sich seit langem dafür einsetzen. Es war mir von Beginn an wichtig, dass wir den Gedenkort mit Ihnen gemeinsam diskutieren und dass wir Sie an den Planungen teilhaben lassen“. Sie sei sicher, es sei nun gemeinsam ein guter Weg eingeschlagen. „Dass Sie bei der künftigen Ausgestaltung beteiligt werden, das ist unverrückbar.“
Für die Bürgerinitiativen ArchivKomplex und „Köln kann auch anders“ betonte Thomas Luczak die Bedeutung der Erinnerung, gerade vor dem Hintergrund aktueller Kriegshandlungen in der Ukraine. „Wir brauchen Erinnerung, um ein ziviles, friedliches, völkerfreundschaftliches Zusammenleben zu organisieren.“ Luczak fragte, auf den Ort des Archiveinsturzes blickend: „Wie gehen wir um mit einem Schaden, den wir selbst verursacht haben als Stadtgesellschaft? Wie lernfähig zeigt sich die Stadt?“ Mit dem Kulturdezernenten Stefan Charles suchten die Bürgerinitiativen nun nach einem Leitbild. Es gebe viele einzelne Aufgaben, aber wichtig sei die darüber liegende Idee. „Unser Denkrahmen ist: Bildung, Gedenken, Freude, nicht als drei Projekte, sondern als ein Projekt“, sagte Luczak. Er zitierte den großen Kölner Architekten der Nachkriegszeit Rudolf Schwarz, der über den Festsaal Gürzenich und die benachbarte Gedenkstätte St. Alban sagte: „Wir stellen die Feste des Lebens vor den Hintergrund des Todes.“
Das Ergebnis des Bauwettbewerbs von 2012 sei nicht mehr tragfähig: „Wir sind nicht mehr im Jahr 2009 oder im Jahr 2012. Wir sind viel weiter“, sagte Luczak. Der Umgang mit Städtebau, Verkehr, Ökologie, Digitalisierung habe sich in den vergangenen Jahren tiefgreifend weiterentwickelt. „Wir brauchen einen neuen Wettbewerb“, fordert er.
Abschließend nannte Luczak Möglichkeiten für das Grundstück des früheren Archivs als „hingehauchte Visionen“: ein Park, ein Campus für die Schulen, eine Kunsthalle in Kombination der unterirdischen K3-Halle mit dem Nachbargrundstück, eine Arena mit Freilichttheater, ein Geschichtslabor seien denkbar. Luczak: „Alles das geht nur, wenn das ein einmaliger Ort wird mit einer Einmaligkeit, mit einer Besonderheit, die uns aus der Vergangenheit herausführt.“
Ein Pressebericht unter diesem Link.
Fotos: Mathilde Kriebs und Günter Otten/ArchivKomplex