Literaturhaus Gruppenbild Klaus Pohl-Grund

Fotos: Klaus Pohl-Grund/Manfred Berger

Vertrauensverlust und Ohnmacht 
Lesung im Literaturhaus Köln

Beeindruckend, bewegend, informationsgeladen empfanden viele Zuhörer den Leseabend von ArchivKomplex im Literaturhaus Köln. Nach der Begrüßung durch Bettina Fischer, Leiterin des Literaturhauses, gab Günter Otten einen knappen Überblick über die Inhalte des Buches „ArchivKomplex“, in dem auf 144 Seiten die Ereignisse seit 2010 beschrieben werden. Mit kurzen Zitaten wies er auf die Gastbeiträge von Konrad Adenauer, Hiltrud Kier, Stefan Kraus, Johannes Stahl und Martin Stankowski hin sowie auf weitere Inhalte, Rückblicke und Ausblicke.

Sabine Pohl-Grund, Anwohnerin im Georgsviertel, stellte Waidmarkt und Einsturzstelle als kultur- und geschichtsträchtigen Ort vor: „ein besonderer (künftig verkehrsberuhigter) Ort zwischen Südstadt und City; eine einzigartige Chance für Köln“. Der Schriftsteller Gunther Geltinger, vielfach ausgezeichnet, Gunther Geltinger / Foto Klaus Pohl-Grundzuletzt Träger des Dieter-Wellershoff-Stipendiums der Stadt Köln 2022, erinnerte in seiner Lesung an den Schrecken des Einsturzes. Sein Text  „Der Riss im Urvertrauen“, der im Buch abgedruckt ist, beschreibt sehr packend die Erfahrung, das Vertrauen „in die Stabilität und Kontinuität“ des allerpersönlichsten Umfeldes, der eigenen Wohnung, zu verlieren.

Sachlich und nüchtern und damit umso erschreckender schilderte Reinhard Thon, erfahrener Ingenieur und lange vor dem Einsturz Leiter des städtischen Amtes für Brücken- und Stadtbahnbau, die Häufung von Inkompetenz beim Bau der Nord-Süd-U-Bahn. Dorothee Joachim, Künstlerin und Mitbegründerin von ArchivKomplex erzählte von den Anfangsjahren der Initiative, vom traumatischen  Verlust archivierter Nachlässe aus dem persönlichen Umfeld und vom aufkeimenden Protest.

Im Kölner Schauspielhaus wurde die Einsturzkatastrophe 2010 auf die Bühne geholt. Elfriede Jelinek, Autorin aus Wien, hat für Köln „Ein Sturz“ geschrieben, einen Text über Untergang, Verantwortung, kommunale Macht und Ohnmacht. Ulrike Sawicki und Hartmut Misgeld, beide seit langem aktiv in und für ArchivKomplex, lasen daraus aufrüttelnde Passagen.  

Reinhard Matz und Thomas Luczak von ArchivKomplex gingen zum Abschluss auf aktuelle Entwicklungen ein. Den Vorschlag der Initiative, im KVB-Bauwerk am Waidmarkt die Halle K3, die Halle mit dem Knick für Kultur, Kunst und Kommunikation einzubauen, hatte die Stadtverwaltung gerade als nicht umsetzbar dargestellt. Der Stadtrat, der das Projekt vor Jahren beschlossen hatte, solle seinen Entschluss ändern – eine ganz frische Entwicklung, die sehr kontrovers diskutiert wurde. Viel Kritik daran gab es daran anschließend aus dem Publikum. Zuhörer, aber auch mehrere Ratsmitglieder äußerten Unverständnis über die Abwendung der Stadtverwaltung.  

Ulrike Sawicki und Hartmut Misgeld / Foto: Manfred Berger

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